© Peter Supper FFF / Zehntausende Menschen auf der Straße in Glasgow
© Peter Supper FFF / Zehntausende Menschen auf der Straße in Glasgow

Zahnlose Beschlüsse bei der Klimakonferenz: Leider keine Antworten auf weltweite Klimaerwärmung

Ein verbindlicher Fahrplan zur Einhaltung der 1,5 °C-Grenze fehlt - zuwenig Unterstützung für globalen Süden - Vage Aussagen statt konkreter Schritte

Die Klimakonferenz COP26 in Glasgow gibt leider keine Antwort gegen die Klimakrise. Die Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 kritisiert: "Die Beschlüsse hier sind zahnlos, schöne Worte reichen nicht, um die Klimakrise zu lösen. Wir sind nach der Klimakonferenz noch immer auf direktem Weg in die Klimakatastrophe. Statt die Klimapläne verbindlich nachzubessern und hilfsbedürftigen Menschen im globalen Süden zur Seite zu stehen, werden wichtige Beschlüsse über finanzielle Zusagen weiter auf die lange Bank geschoben. Die Klimakrise ist ein planetarer Notfall, wird aber von vielen Staaten weiter so behandelt als hätte man Jahrzehnte Zeit", fasst Johannes Wahlmüller, Klima- und Energiesprecher von GLOBAL 2000, die Ergebnisse zusammen.

Vage Ansagen statt konkreter Schritte

Statt konkrete Schritte zur Nachbesserung der Pläne bis 2030 zu setzen, waren viele Ankündigungen über Klimaneutralität in einigen Jahrzehnten zu hören, vielfach ohne belastbares Konzept dahinter. Die bisherigen Pläne helfen nicht genug, um den Anstieg der Treibhausgasemissionen bis 2030 zu reduzieren, und schon gar nicht die in der Abschlusserklärung geforderte Senkung um 45 Prozent zu erreichen. Der weltweite Temperaturanstieg kann so nicht auf 1,5 °C eingegrenzt werden, sondern wird bei 2,4 °C liegen, mit fatalen Konsequenzen für das Leben auf dem ganzen Planeten. Die Staaten werden aufgerufen rasch nachzubessern und es wird ein Arbeitsprogramm angekündigt. Aber es fehlt an einem konkreten verbindlichen Beschluss aller Staaten, dies auch umzusetzen.

Kohlenstoffmärkte verwässern Klimapläne

Statt klarer Nachbesserungen der Klimapläne wurde mit den Beschlüssen zur Einrichtung von Kohlenstoffmärkten sogar einer Aufweichung der Klimapläne Tür und Tor geöffnet. So soll es erlaubt werden, CO2-Gutschriften aus dem vergangenen Klimaschutzabkommen des Kyoto-Protokolls auch weiterhin unter dem Pariser Klimaschutzabkommen zu handeln. Dieser Übertrag war ursprünglich im Pariser Klimaschutzabkommen nicht vorgesehen und wird die Klimapläne daher weiter aufweichen. Schätzungen gehen von einer Schwemme von 300 Mio. fragwürdiger CO2-Gutschriften aus. Kritisch sieht GLOBAL 2000 hier auch die Rolle der EU: Sie hat sich zwar aus guten Gründen bisher immer klar gegen diesen Übertrag ausgesprochen, am Ende aber mit Einschränkungen doch zugestimmt. "Die Einrichtung von Kohlenstoffmärkten öffnet der Aufweichung der Klimapläne Tür und Tor. Wir haben von der EU eine klare rote Linie beim Übertrag dieser alten Gutschriften gefordert. Das wäre angesichts der viel zu schwachen Klimaschutzzusagen ohnehin notwendig gewesen. Die EU hat einem faulen Kompromiss zugestimmt, statt eine wichtige rote Linie zu ziehen", so Johannes Wahlmüller.

Mehr Unterstützung braucht es auch für Menschen im globalen Süden. In den Beschlüssen wird zwar auf weitere Prozesse verwiesen, die Ergebnisse liefern sollen, konkrete finanzielle Zusagen stehen aber weit hinter den Erfordernissen. Die Schäden werden schon bis 2030 auf 290 bis 580 Mrd. Euro geschätzt. Gerade wenn es um die Anerkennung von hohen Kosten für bereits eintretende Klimaschäden geht, stehen reiche Industrienationen auf der Bremse und verhinderten weiterführende Beschlüsse. Auch das Ziel 100 Mrd. US-Dollar bis 2020 an Klimafinanzierung zur Verfügung zu stellen, wurde nicht erreicht. "Reiche Industrienationen begehen in diesem Punkt Fahrerflucht und stehlen sich aus der Verantwortung. Besonders Menschen im globalen Süden werden hart von den Folgen der Klimakrise getroffen. Wir dürfen sie nicht im Stich lassen. Auch Österreich sollte hier viel mehr Unterstützung leisten", so Wahlmüller.

Klimaschutzmaßnahmen in Österreich längst überfällig

Neuen Schwung braucht es gleichzeitig in der Klimapolitik Österreichs. Ein wirksames Klimaschutzgesetz, die rechtliche Fixierung des Ausstiegs aus Öl- und Gasheizungen und ein Energieeffizienzgesetz, um hohe Einsparpotenziale zu heben, sind die dringendsten nächsten Schritte. "Österreich ist noch nicht auf Kurs, was die Erreichung der Klimaziele angeht. Wir wollen, dass unser Land zum Vorbild beim internationalen Klimaschutz wird und zum Modell, wie die Energiewende gelingen kann. Dazu heißt es jetzt anpacken und wichtige Gesetze rasch zu beschließen", so Wahlmüller.

Rückfragehinweis: Viktoria Auer, Pressesprecherin GLOBAL 2000, viktoria.auer@global2000.at, 0699 14 2000 82 Johannes Wahlmüller, Klima- und Energiesprecher GLOBAL 2000, johannes.wahlmüller@global2000.at, 0699 14 2000 41

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OTS0046 2021-11-13/21:04

Greenpeace: Ein fauler Kompromiss

Greenpeace sieht das Ergebnis der UN-Klimakonferenz als nicht mehr als einen faulen Kompromiss. Mit dem globalen Emissionshandel wurde für die Staaten eine Hintertür geöffnet, um sich ein grünes Mäntelchen umzuhängen und sich aus der Verantwortung zu stehlen. Echter Klimaschutz wird dadurch verwässert. Zu einer hitzigen Diskussion kam es rund um die fossilen Energien: Auf die Blockade von Indien hin wurde der Kohleausstieg kurz vor Abschluss aus dem Text gestrichen. Auch das Ende fossiler Subventionen wurde verwässert. Einige schwache Lichtblicke gibt es trotzdem: Es wurde zugesagt, die Klimafinanzierung für Klima-Adaptionen wie etwa Hochwasserschutz zu verdoppeln und die Klimaschutzpläne der Länder bis 2022 zu überarbeiten. Der Text bleibt jedoch schwammig und lässt Raum für schwache Interpretationen. Greenpeace fordert jetzt Umweltministerin Gewessler auf, Österreich auf Klimakurs zu bringen: Dafür müssen das längst überfällige Klimaschutzgesetz auf Schiene gebracht und fossile Mega-Straßenprojekte wie die Lobau-Autobahn gestoppt werden.

Weltklimakonferenz: WWF sieht "viel Schatten und wenig Licht"

Auch der WWF zeigt sich enttäuscht vom insgesamt ambitionslosen Ergebnis der Weltklimakonferenz COP26 in Glasgow. "Damit bleibt die Welt meilenweit vom 1,5-Grad-Ziel entfernt. Der Verhandlungstext beinhaltet zwar einige Überraschungen, wie zum Beispiel die erstmalige Erwähnung der Bedeutung des Schutzes und der Wiederherstellung der Natur - von vielen weiteren großen Ankündigungen ist am Ende aber nicht viel übriggeblieben", kritisiert Klimaexpertin Lisa Plattner, die den WWF Österreich in Glasgow vertreten hat und im Ergebnis "viel Schatten und wenig Licht" sieht. "Wieder einmal ist es den Bremsern und Blockierern gelungen, wichtige Fortschritte zu verhindern und die Gipfel-Beschlüsse an entscheidenden Punkten zu verwässern." Besonders verheerend sei, dass sechs Jahre nach Beschluss des Pariser Klimaabkommens der rasche Ausstieg aus allen fossilen Energien von vielen Ländern noch immer verzögert und verhindert wird.

"Der große Elefant im Raum ist jedoch die Frage, wie internationale Finanzmittel mobilisiert werden können, um Verlusten und Schäden nach Klimakatastrophen zu begegnen", zeigt Lisa Plattner auf. "Die beschlossenen Workshops für die nächsten zweieinhalb Jahre werden nicht verhindern, dass Menschen in besonders gefährdeten Gebieten unter Verlusten und Schäden, die jetzt auftreten, leiden müssen", so Plattner weiter. Laut aktuellen Berechnungen werden bis 2030 pro Jahr weltweit zwischen 290 und 580 Milliarden US-Dollar pro Jahr für Verluste und Schäden anfallen - doch das sind nur die berechenbaren Kosten. Hinzu kommen Schäden für die Artenvielfalt, Gesundheit und die letzten verbleibenden Naturflächen, die nicht beziffert werden können.

Nationale Hausaufgaben im Klimaschutz

Der WWF sieht ebenfalls die österreichische Bundesregierung in der Pflicht, die nationalen Hausaufgaben im Klimaschutz endlich zu erledigen. "Österreich hat seine Klimaschutzpolitik über viele Jahre sträflich vernachlässigt. Daher müssen jetzt endlich die großen Baustellen angegangen werden - vom viel zu hohen Energie- und Bodenverbrauch über den Treibhausgasanstieg beim Straßenverkehr bis zu umweltschädlichen Subventionen. Noch immer fließen jedes Jahr Milliarden in die falsche Richtung, statt in Energieeffizienz und naturverträgliche Erneuerbare", sagt Plattner und verweist auf den kürzlich veröffentlichten Klimaschutz-Index, der Österreich einen massiven Aufholbedarf attestiert.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /