Agora: Prosumer-Standardlastprofile für Altanlagen

Portrait des Direktors der Agora Energiewende Patrick GraichenFoto: Agora Energiewende
Der Direktor der Agora Energiewende Patrick Graichen
Agora Energiewende hat ein Konzept vorgelegt, nach dem Eigentümer ihre Altanlage nach dem Ende der Vergütungsfrist über Prosumer-Standardlastprofile wirtschaftlich weiterbetreiben könnten. Ein teurer Zähler wäre nicht nötig.

Die Denkschmiede Agora Energiewende will Altanlagen über Prosumer-Standardlastprofile wirtschaftlich machen. Wie die Berliner mitteilten, komme dieses Konzept für Eigenverbrauch aus ausgeförderten Anlagen ohne teure Smart Meter aus. Wie das konkret aussehen kann, hat Agora mit der auf Strommarktregulierung spezialisierten Beratungsorganisation Regulatory Assistance Project in einer Studie umrissen.

Betreiberinnen und Betreiber von Solaranlagen, die ab 2021 aus der Vergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) fallen, sollten ihren Solarstrom sowohl selbst verbrauchen als auch rechtssicher einspeisen können. Hierfür sollte allerdings bei kleinen Anlagen kein teurer intelligenter Stromzähler verlangt werden. Das schreiben aber die aktuellen Regularien und der Entwurf für das EEG 2021 vor. Denn das mache die Anlagen schnell unwirtschaftlich.

Stattdessen könne eine Ergänzung des bestehenden Systems von Standardlastprofilen um ein Solarstrom-Prosumer-Standardlastprofil eine günstige Alternative zur Zählerumrüstung sein. Nötig wäre dafür nur eine Neuverdrahtung des Hausanschlusskastens in der gleichen Weise wie bei den meisten neuen Kleinanlagen.

Keine Direktvermarkter für Altanlagen

Der geplante EEG-Entwurf 2021 stelle Betreiberinnen und Betreiber kleiner Anlagen nach Ende der 20-jährigen EEG-Förderung vor ein Dilemma. Entweder sie akzeptierten sehr niedrige Vermarktungserlöse des Netzbetreibers für ihren Strom. Diese deckten aber im Zweifel gerade so die Versicherungs- und Wartungskosten. Oder sie rüsten den Hausanschlusskasten um, um den Solarstrom direkt im Hausnetz zu verbrauchen. In diesem Falle stehe dann aber die Anschaffung eines teuren Smart Meter an, um den Überschussstrom am Strommarkt zu vermarkten. Bisher stünden dafür jedoch kaum Dienstleister am Markt bereit, die Solarstrom von Anlagen mit weniger als 60 Kilowatt Spitzenleistung direkt vermarkten. Die typischen Anlagen aus den Anfangsjahren der Photovoltaik in Deutschland leisten jedoch häufig nur bis zu fünf Kilowatt.

„Dass Häuslebesitzer mit 20 Jahre alten Solar-Dachanlagen künftig teure intelligente Stromzähler einbauen müssen, um den Strom vom eigenen Dach zu verbrauchen, ist den Leuten nicht zu vermitteln. Schon gar nicht, wenn die Nachbarn sich gleichzeitig eine neue, auf den Eigenverbrauch optimierte Solaranlage bauen, und zwar ohne teuren Smart Meter. Wir sind uns sicher, dass das besser geht.“ Das sagt Patrick Graichen, Direktor von Agora Energiewende.

Neues Prosumer-Standardlastprofil schaffen

Als Ausweg schlägt Agora Energiewende eine Erweiterung des Systems der so genannten Standardlastprofile um ein Prosumer-Standardlastprofil vor. Standardlastprofile bestimmen bereits heute für unterschiedliche Gruppen von Stromverbrauchern, welche Strommengen in jeder Stunde des Jahres im Mittel sie benötigen. Auf Basis dieser Angaben beschaffen Stromvertriebe dann Strom für ihre Kundinnen und Kunden. Das System ist seit Jahrzehnten bewährt, allerdings berücksichtigt es den Verbrauch von selbst erzeugtem Solarstrom bisher nicht.

Das habe leider unerwünschte Konsequenzen. „Weil mein Stromvertrieb gar nicht weiß, dass ich eine Solaranlage betreibe, beschafft er auch dann Strom für mich, wenn ich diesen gar nicht verbrauchen kann, weil gerade die Sonne scheint“, erklärt Andreas Jahn vom Regulatory Assistance Project. „Diese unnötig beschafften Mengen müssen ausgeglichen werden – im schlimmsten Fall werden sie vernichtet. Das ist wirtschaftlich und ökologisch komplett unsinnig.“

Doppelbeschaffung vermeiden

Im Gegensatz dazu würde das Prosumer-Standardlastprofil den Eigenverbrauch von Solarstrom beinhalten. Damit könnten Betreiberinnen und Betreiber kleiner Solaranlagen dann sowohl Solarstrom vom eigenen Dach beziehen und dadurch den um ein Mehrfaches teureren Netzstrom sparen als auch bei Bedarf Netzstrom zukaufen. Unsinnige Doppelbeschaffungen würden weitgehend vermieden.

Unvermeidbare Abweichungen zwischen dem Prosumer-Standardlastprofil und dem tatsächlichen Stromverbrauch der Prosumer, die bei den Netzbetreibern erfasst werden, ließen sich durch zwei weitere Maßnahmen klein halten. Anders als heute sollten die Netzbetreiber zum einen Anreize erhalten, die Standardlastprofile jährlich zu aktualisieren, um ein sich veränderndes Verbrauchsverhalten besser zu berücksichtigen. Zum anderen sollten die Netzbetreiber verpflichtet werden, die Differenzbilanzkreise transparent und aktiv zu bewirtschaften.

Die Studie schränkt die Prosumer-Lastprofile allerdings auf einfache Anwendungsfälle ein. „Das Prinzip kommt an seine Grenzen, wenn jemand ein Elektroauto, einen Stromspeicher oder eine Wärmepumpe mit seinem eigenen Solarstrom betreibt. Diese Anwendungsfälle sind kaum in einer generellen, statistischen Betrachtung zu fassen“, sagt Jahn. Deshalb komme man hier nicht um den Einsatz eines Smart Meters herum. „Dann lohnt er sich aber auch“, so Jahn.

3.9.2020 | Quelle: Agora Energiewende | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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